Parteiengespräche, Ungesprächigkeit und andere Gedanken zum STP-SWAP.

Nach den heftigen Gefechten in der Sitzung des St. Pöltner Gemeinderates vom 31. März 2014 scheint nun etwas Ruhe im Rathaus eingekehrt zu sein. Ein FPÖ-Antrag zur Anberaumung von Parteiengesprächen wurde ja einstimmig angenommen, stattgefunden haben die Gespräche aber noch nicht, auch ein Termin steht noch nicht fest.

FPÖ-Klubobmann Klaus Otzelberger freut sich dennoch, dass der Antrag seines Klubs von allen Fraktionen angenommen wurde. Bedeuten würde dieser nämlich, dass in „Parteiengesprächen die Fakten zuerst mal mündlich zu klären und noch offene Dinge und Fragen zu besprechen“ sind. Und Otzelberger weiter:

„Danach werden den zuständigen Ausschüssen, wie Kontroll-, Finanz- und Rechtsausschuss, jene Unterlagen und Fakten offengelegt, die bei den Parteigesprächen noch unklar geblieben sind. Diese absolute Transparenz bringt dann die Wahrheit ans Licht und alle Parteien haben totalen Einblick in alle Stellungnahmen, Unterlagen etc.“ – Klaus Otzelberger (FPÖ-Klubobmann)

Die ÖVP bleibt bei Ihrer Forderung nach einem eigens einzurichtenden Gemeinderatsausschuss zur „Untersuchung der Finanzgeschäft seit 2003“. Man sei auch noch nicht kontaktiert worden um einen gemeinsamen Termin für die beschlossenen Parteiengespräche zu suchen.

Den geplanten Fahrplan teilte uns Bürgermeister Matthias Stadler am 11. April jedoch schon mal mit:

„Ich habe mit der FPÖ – sie hat ja den Antrag für das Parteiengespräch im GR eingebracht – vereinbart, dass wir nach Ostern ein Vorgespräch führen. Danach wird es das beschlossene Parteiengespräch geben.“ – Matthias Stadler (SPÖ-Bürgermeister)

Ob da wohl alle mit den gleichen Erwartungen an dieses Parteiengespräch gehen werden? Wir werden sehen.

Weiterhin schweigsam gibt man sich unterdessen bei der beklagten Partei, der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien (RLB). Die Einstellung der Zahlungen von St. Pölten an die RLB aus dem eingeklagten Geschäft will man nicht kommentieren, weiterhin sehe man sich unverändert in einer sehr guten „Rechtsposition“ was das Verfahren am Wiener Handelsgericht betrifft.

Und die Bank gibt zu bedenken, dass man mit St. Pölten weiterhin eine Kundenbeziehung habe. Es gelte darum für die Bank das Bankgeheimnis. Würde man den Streit bzw. das Geschäft kommentieren, würde man sich damit auch dem Vorwurf aussetzen, dass man als Bank das Bankgeheimnis nicht einhalte.

Hat also die RLB auf die Einstellung der Zahlungen durch St. Pölten bereits reagiert? Seitens der Stadt St. Pölten wird diese Frage nicht beantwortet – ich könne ja bei der Bank selber nachfragen, wird mir empfohlen.

In der Gerüchtküche brodelt es jedenfalls. Die Einstellung der Zahlungen habe die Bank unter Zugzwang gestellt, argumentieren die anderen. Die Einstellung der Zahlung sei ein zusätzliches Risiko für die Stadt, befürchten die anderen. Grundlage der Einstellung der Zahlungen ist die Rechtsauffassung aus Sicht von St. Pölten, dass das eingeklagte Geschäft gar nicht zustande gekommen ist.

Folgt das Gericht dieser Sichtweise, so würde wohl der Vertrag komplett angefochten werden. Nur das Gericht kann dies feststellen und den Vertrag rückwirkend aufheben – rechtlich gesehen hätte es den Vertrag dann gar nicht gegeben, daraus geleistete Zahlungen wären rückabzuwickeln. Ob sich diese Rechsposition durchsetzt?

Die Stadt argumentiert, dass die Bank es war, die damals – es muss wohl 2003 oder früher gewesen sein – die nötige Expertise mitgebracht habe. Bürgermeister Matthias Stadler merkte mehrfach an, dass es seinen Informationen zufolge, die Bank war, die an der Formulierung des Grundsatzbeschlusses des Gemeinderates mitgearbeitet habe. Demnach hätte auch die Bank wissen müssen, ob laut dem rechtlichen Rahmen (dem NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes, kurz: NÖ STROG) der Grundsatzbeschluss in der Form überhaupt rechtlich gedeckt sei.

Ist er nämlich nicht, wie die NÖ Gemeindeaufsicht erst im März festgestellt hatte. Eine Feststellung, die auch das St. Pöltner Rathaus überrascht hatte. Auch Matthias Stadler bestätigte in der letzten Gemeinderatssitzung, dass er erst mit dem Schreiben der Gemeindeaufsicht von dieser Sichtweise erfahren habe. Man nutzte also die Gunst der Stunde und stellte die Zahlungen ein.

Viel wurde seitdem zwischen der St. Pöltner ÖVP und SPÖ darüber gestritten, ob der Bürgermeister nun „mehr als 200 Geschäfte“ rechtswidrig und „am Gemeinderat vorbei“ abgeschlossen habe (wie die ÖVP vorwirft). Es liegt jedoch auf der Hand, dass Stadler als Bürgermeister nur getan hat, was ihm der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates an Möglichkeiten eingeräumt hat. Der Fehler liegt also nicht daran, dass der Bürgermeister etwas getan hat, was er laut Gemeinderatsbeschluss nicht durfte, sondern dass er einen Gemeinderatsbeschluss umgesetzt hat, der an sich vom Gemeinderat rechtswidrig beschlossen wurde (da der Grundsatzbeschluss Kompetenzen des Gemeinderates an den Bürgermeister übergab).

Gibt es dafür ähnliche Rechtssprechungen als Anhaltspunkt? Nur bedingt. Etwa wenn ein Bürgermeister ein Geschäft mit einem Dritten schließt, für das der Bürgermeister nicht berechtigt war. In so einem Fall sieht das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) besondere Schutzvorkehrungen für die Gemeinden vor – der Vertragspartner der Gemeinde habe sich darüber zu informieren, was nach dem Gesetz nötig ist um mit der Gemeinde das Geschäft abzuschließen. Der Gesetzgeber will so verhindern, dass die Gemeinde ausbaden muss, wenn ein Organ ohne Berechtigung die Gemeinde verpflichten würde.

In unserem Fall liegt das Problem aber anders. Der St. Pöltner Gemeinderatsbeschluss erweckte den Anschein, dass eben der Bürgermeister berechtigt sei, dieses Geschäft abzuschließen. Sonst hätten wohl weder Matthias Stadler noch sein Amtsvorgänger Willi Gruber hunderte Geschäfte auf Grundlage eben dieses Grundsatzbeschlusses abgeschlossen. Wem das nun juristisch „auf den Kopf fallen wird“, das wird wohl erst der Gerichtsweg zeigen.

Doch vielleicht erfüllen die zwei Streitparteien Martin Ogris, dem Richter am Wiener Handelsgericht, ja vielleicht doch noch einen bereits geäußerten Wunsch? Vielleicht einigen sich die beiden Streitparteien ja doch noch auf einen außergerichtlichen Vergleich? Wobei, nein. Wer würde sich auf einen Vergleich einigen wollen, wenn er meint, das vermeintliche „Ass“ im Ärmel zu haben: die Möglichkeit, den unliebsamen Vertrag vom Richter für nichtig erklären zu lassen?

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