Ogris bleibt: Richter im STP-SWAP-Prozess nicht abgesetzt

Der Ablehnungssenat am Handelsgericht Wien hat entschieden, Martin Ogris führt weiterhin den Zivilprozess zwischen der Stadt St. Pölten und der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien (RLB) um ein katastrophales SWAP-Geschäft, bei dem sich die Stadt von der Bank über den Tisch gezogen fühlt.

In der öffentlichen Tagsatzung vom 6. Mai 2014 entwickelte sich eine hitzige Diskussion. Äußerungen von Richter Martin Ogris führten dazu, dass Lukas Aigner, der Rechtsanwalt der Stadt St. Pölten, einen Ablehnungsantrag zu Protokoll gab. Aigner argumentierte, Ogris würde Beweise vorzeitig würdigen und das Verfahren nicht unparteiisch führe.

In Konsequenz stand das Verfahren seit 6. Mai still. Der Akt wurde einem Senat aus drei Richtern am Handelsgericht Wien vorgelegt. Dieser Ablehnungssenat entschied am 12. November 2014, dass der Antrag von Aigner nicht begründet war.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die städtischen Rechtsvertreter haben die Möglichkeit, die Entscheidung des Ablehnungssenates beim Oberlandesgericht Wien binnen 14 Tagen mittels Rekurs zu bekämpfen. In diesem Fall würde das Zivilverfahren bis zu einer Entscheidung der Oberbehörde weiterhin stillstehen. Eine Entscheidung zur Frage, ob die Stadt-Vertreter die Oberbehörde anrufen werden, stand vorerst nicht fest.

Wann Martin Ogris nun den Prozess mit der nächsten Tagsatzung fortsetzen möchte war ebenfalls vorerst unklar.

„Der Richter hat weit über die Stränge geschlagen!“

Es geht um sehr viel Geld für St. Pölten – oder die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien (RLB). Seit Mai steht das Verfahren am Handelsgericht Wien über ein katastrophales SWAP-Geschäft still, weil die Stadt die Ablehnung des Richters beantragt hat. Wir fragten Stadtanwalt Lukas Aigner nach den Gründen sowie seine Sicht der Dinge. (Ursprünglich erschienen in MFG-Das Magazin, September 2014.)

Bei der letzten Verhandlung am Handelsgericht Wien beantragten Sie die Ablehnung von Richter Martin Ogris. Was hat für diesen nicht alltäglichen Schritt den Ausschlag gegeben?
Das Verfahren war schon von Anbeginn über weite Teile durchaus emotional, die Medien und die Öffentlichkeit haben entsprechendes Interesse gezeigt. Harte Diskussionen kommen bei Gericht oft vor, müssen aber immer sachlich bleiben. Der Richter hat in der letzten Verhandlung mit seinen Aussagen aber weit über die Stränge geschlagen. Sein Verhalten war mit den Grundsätzen eines objektiven Verfahrens nicht mehr in Einklang zu bringen. Zu einem Zeitpunkt, als die Zeugenbefragung in vielen Punkten nicht abgeschlossen war, wurden zentrale Zeugen persönlich angegriffen und Beweise vorab gewürdigt. Dabei sieht die Zivilprozessordnung klare Spielregeln vor – diese wurden nicht eingehalten. Ich bin durch meine jahrelange Vertretungstätigkeit vor Gericht einiges gewöhnt und musste bisher noch nie einen Richter in der Verhandlung ablehnen.

Als Sie den Ablehnungsantrag formulierten, waren alle Anwesenden überrascht. Hatten Sie diesen Schritt im Vorfeld mit der Mandantin erläutert bzw. sich dafür das nötige Pouvoir geholt?
Die Zivilprozessordnung sieht eine unverzügliche Rügepflicht vor, wenn der Anwalt den Eindruck gewinnt, dass der Richter zu einer unbefangenen Verfahrensführung nicht mehr in der Lage ist. Daher musste der Antrag auch sofort gestellt werden, als er aus meiner Sicht geboten war. Eine Konsultation mit der Mandantin wäre also in einer solchen Situation gar nicht möglich. Außerdem vertrete ich nur die Interessen der Mandantin. Das inkludiert natürlich auch derartige Schritte, wenn diese geboten sind, um die Interessen zu schützen.

Als Prozessbeobachter hatte man den Eindruck, dass im Verfahren wenig weitergeht. Ewig wurde um des Kaisers Bart diskutiert. Nun sind wieder vier Monate seit dem Ablehnungsantrag verstrichen. Spielt St. Pölten hier auf Zeit?
Die Verhandlungshoheit obliegt dem Richter. Der überwiegende Teil der Argumente liegt ja bereits vor einer mündlichen Verhandlung in Form von Schriftsätzen vor, die mündlichen Sachvorträge während einer Verhandlung sind eher die Ausnahme. Wie viel diskutiert wird, liegt in erster Linie an der Verhandlungsführung des Richters, er gibt die Linie und die Richtung vor, er kann Diskussionen befeuern oder abdrehen. Diskussionen sind ja hilfreich, um den Prozessstoff zu gliedern. Grundsätzlich hat der Richter ja die Aufgabe im Beweisverfahren alle Beweismittel zu sichten, insbesondere die Zeugen zu hören, erst danach fällt er sein Urteil. Da ist es natürlich wichtig, dass er das Verfahren auch aktiv lenkt. Als Klägerin und als Beklagte muss man die Möglichkeit haben, alle relevanten Aspekte vorzubringen. Es ist sinnvoll, dass der Richter auch herausarbeitet, an welchen Aspekten er denkt, dass sich das Verfahren entscheiden wird. Und zu diesen Punkten sollen dann beide Parteien ihre Argumente und Beweise vorbringen. Da muss man sich nicht an Nebenschauplätzen aufhalten. Dass ein solches komplexes Verfahren länger dauert, ist normal, da kann man dem Richter keinen Vorwurf machen.

Der negative Anfangswert des umstrittenen Geschäftes führte oft zu Grundsatzdiskussionen zwischen Ihnen und dem Richter. Warum ist Ihnen dieser Aspekt so wichtig?
Es wäre meiner Meinung nach ein kluger erster Schritt, wenn man durch ein Gutachten eines Bankfachmanns genau dieses Geschäft bankfachlich in allen relevanten Aspekten ausleuchten würde. Das wurde im Verfahren Bruck an der Leitha auch gemacht und hat rasch zu einem Urteil geführt. Eine Fülle von Privatgutachten liegt ja bereits vor.
Wir sehen das Phänomen eines hohen negativen Anfangswerts auch in anderen Fällen, bei denen Banken mit Kommunen Derivativgeschäfte geschlossen haben: Diese Produkte haben offenbar dem Geschäftsmodell nach einen hohen negativen Anfangswert, den aber nur die Bank kennt. Dieser wirkt sich über mehrere Ebenen sehr negativ für den Kunden aus.
Ein weiteres zentrales Problem ist, dass Gemeinden weder die nötige Technik noch das nötige Know-How haben, um derartige komplexe Geschäfte wirklich zu managen – das können nur größere Banken. Dort gibt es spezialisierte Abteilungen, die das Risiko von Anfang an genau abschätzen, laufend messen, überwachen und im Fall des Falles auch in der Sekunde begrenzen können. Die Überwachung erfolgt rund um die Uhr, durch einen ganzen Stab an Experten mit komplexer EDV-Unterstützung.
Würde man sich im gegenständlichen Fall die Stadt St. Pölten wegdenken, so hätte die RLB das Geschäft gar nicht mit Meryll-Lynch abschließen können – sie hätte es laut den uns vorliegenden Zahlen gar nicht ohne Sicherung in ihren Bankbüchern untergebracht, weil das Risiko selbst für die Bank und deren Limits viel zu hoch war. Das erkennt aber nur ein Derivate-Fachmann mit finanzmathematischer Ausbildung.
Der Deutsche Bundesgerichtshof hat bereits 2011 ein Grundsatzurteil gefällt, dass eine Bank bei derartigen Geschäften dem Kunden den eigenen Interessenskonflikt und den negativen Startwert des Geschäfts offenlegen muss. Die Gemeinde glaubt, die Bank empfiehlt ein für die Gemeinde vorteilhaftes Geschäft – in Wahrheit ist das aber nicht der Fall, das Geschäft ist wegen dem negativen Startwert massiv unausgewogen. Das provoziert nicht nur einen Interessenkonflikt, sondern wirkt sich auch massiv auf das Risiko der Gemeinde aus. Die Bank wettet damit gewissermaßen gegen den Kunden.
Wäre das gegenständliche Geschäft nicht von den Banken geschickt als „Swap“ mit geringem Nominal getarnt worden, sondern so wie es der Wirklichkeit entspricht als Kombination von 67 Währungs-Optionsgeschäften im Schweizer Franken, hätte es von Anfang an nie und nimmer in den Betrags- und Risikolimits untergebracht werden können, welche der Gemeinderat von St. Pölten vorgegeben hatte. Limits, die übrigens gemeinsam mit der RLB erarbeitet wurden. Die Bank hatte also jederzeit einen massiven Wissensvorsprung vor ihrem Kunden und hat diesen nach unserem Standpunkt auch ausgenützt.

Mit Ende März hat St. Pölten die Zahlungen an die RLB aus diesem Geschäft eingestellt, als Reaktion stellte die Bank das Geschäft glatt und kündigte eine Gegenklage über 66 Millionen Euro an. Ist diese bereits eingelangt?
Nein, wir wissen davon noch nichts. Die Bank behauptet nun einen Schaden von 66 Millionen Euro zu haben. Wir können dies aber nicht nachvollziehen. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass die Bank bereits vor längerer Zeit das Risiko des Geschäftes zwischen ihr und Meryll-Lynch durch Gegengeschäfte abgesichert oder das Geschäft schon davor geschlossen hat. Vielleicht war ja ihr eigentlicher Schaden dadurch nur 5 Millionen Euro? Somit würde man von St. Pölten nun auch nur eine Art von „Wettgewinn“ fordern. Die Bank wird ihre eigenen Bücher offenlegen müssen. Bis dato liegt diese Gegenklage jedenfalls noch nicht am Tisch.

Zur Person
Rechtsanwalt Lukas Aigner ist bei „Kraft & Winternitz“ Experte für Kapitalmarkt-, Bank- und Versicherungsrecht. Er vertritt die Stadt St. Pölten im Zivilprozess gegen die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien (RLB). Seine Kanzlei betreut auch die Stadt Linz in ihrem Zivilstreit mit der BAWAG sowie die Stadt Bruck an der Leitha, welche sich nach einem Erfolg in erster Instanz vor Kurzem mit Raiffeisen verglich.

UNABHÄNGIG ODER DOCH BEFANGEN?

Na, wir wer‘n kan Richter brauchen,
weu wir ham a golden‘s Herz / Mir wer‘n
ollas übertauchen, und dann fohr‘ ma
himmelwärts.     „Alle Menschen san ma zwider“, Kurt Sowinetz

Einen Richter wird die Stadt St. Pölten schon brauchen, die Frage ist nur ob er Martin Ogris oder Roland Parzmaier heißt. Im Zivilprozess am Handelsgericht Wien fühlte sich die Stadt nämlich vom Richter beleidigt und lehnt ihn in Folge als befangen ab. Doch auch an der politischen Front der SWAP-Causa steht der nächste Wirbel an.

Doch bevor wir uns in die Untiefen der St. Pöltner Kommunalpolitik stürzen, zurück zur scheinbar geordneten Welt der Justiz am Wiener Handelsgericht. Dort prüft ein Ablehnungssenat den Antrag von Stadt-Anwalt Lukas Aigner auf Abberufung des Richters Martin Ogris, denn dieser habe in der letzten Tagsatzung Beweise vorzeitig gewürdigt und polemisch gegenüber der Klägerin, der Stadt St. Pölten, agiert. Stimmt der Senat dem Antrag von Aigner zu, so übernimmt Roland Parzmaier den Fall –  er stand im Rahmen der festen Geschäftsordnung am Gericht bereits als Ersatzrichter fest. Das Recht auf den eigenen Richter ist ja ebenso wie die Unabhängigkeit der Richter in ihrer Amtsausübung ein zentraler Gedanke in unserer Verfassung. Sollte der Senat den Antrag aber ablehnen und keine Befangenheit von Ogris erkennen, so kann Aigner dagegen vorm Oberlandesgericht Wien berufen. Bis in den Herbst dürfte ein Ergebnis jedenfalls vorliegen.

Ein Ablehnungsantrag zählt nicht mehr zu den tagtäglichen Stilmitteln der anwaltlichen Trickkiste, der Vorwurf der Befangenheit wiegt schwer und der Richtersenat wird wohl genau hinschauen, ob der Kollege wirklich abzuberufen ist. Raiffeisen-Anwalt Wolfgang Höller zog noch während Aigner den Ablehnungsantrag begründete kopfschüttelnd seinen Schluss in Richtung des Stadt-Anwalts: „Herr Kollege, Sie sind dabei den Fall zu verlieren und gehen jetzt auf den Richter los!“

Ja, da ging es schon ordentlich zur Sache am 6. Mai im 17. Stock der Marxergasse 1a in Wien, dem Sitz des Handelsgerichts. Über drei Stunden ging die Tagsatzung, immer wieder wurde über die bisher gewonnenen Erkenntnisse diskutiert. Welche Bedeutung es beispielsweise habe, dass sowohl Bürgermeister Stadler als auch der mittlerweile pensionierte Finanzchef Ernst Knoth vor Gericht ausgesagt hatten, dass sie sehr wohl das theoretische Risiko verstanden hätten, dass es „beim klagsanhängigen Geschäft die Möglichkeit gäbe an 67 Quartalen draufzuzahlen.“ Oder welche Rolle es spiele, dass das Geschäft schon bei Abschlusszeitpunkt einen negativen Barwert ausgewiesen habe, es also für die Stadt sehr nachteilig ausgestaltet gewesen sei, wie Aigner argumentierte. Mehrfach konnte man im Prozessverlauf sehen, dass Ogris manche Argumente von Aigner nicht teilt. Und es liegt wohl in der Natur des Martin Ogris, dass er sich für emotionale Diskussionen und pointierte Vergleiche nicht zu fein ist. Ob denn die Stadt beim Abschluss des Geschäftes nicht hätte wissen müssen, dass der Preis für die 1,5 Millionen Euro, die sie von der Bank erhält, ein beträchtliches Risiko sei? Ogris dazu: „Ich würde den Herrn Knoth ja gerne fragen, wer er denn damals geglaubt hat, dass der Idiot ist, der am anderen Ende die Rechnung dafür zahlt.“ Und zu Lukas Aigner meinte er nach Debatten über die Provisionshöhe der RLB: „Ich kann mir schon vorstellen, dass wir uns am Ende des Verfahrens darauf einigen, dass die Bank das Geschäft der Stadt zu teuer verkauft hat. Aber lassen wir den Vorwurf, dass die Bank die Stadt ‚hereingelegt’ hat.“

Ein paar Irre. Zum Eklat kam es, als die RLB vorbrachte, dass die Stadt zu einem früheren Zeitpunkt „politisch nicht mutig genug war, das Geschäft mit vier Millionen Euro Verlust zu schließen“. Hätte man das damals gemacht, säße man heute nicht vor einem Schaden von 66 Millionen Euro. Ogris hakte da ein: „Moralisch kriegen Sie das nicht weg, dass Sie diese Chance zum Ausstieg nicht genutzt haben.“ Ogris forderte neuerlich, dass sich Stadt und Bank im Sinne einer „Gesamtlösung“ einigen. An diesem Punkt schwangen auch vorangegangene Anspielungen der Diskussion mit, als etwa die Verantwortung von Politikern und Banken gegenüber den Bürgern und Steuerzahlern diskutiert wurden. Höller argumentierte im Sinne der RLB, dass es nicht angehe, dass St. Pölten mit einer Vielzahl derartiger Geschäfte gut verdient hätte und nun, wo eines derart schief gegangen ist, der Verlust sozusagen der Bank umgehängt werde. Ogris konnte sich da einen Hinweis auf die Kärnter Hypo nicht verkneifen und stellte auch die Rolle von Banken bei diesen Geschäften zur Diskussion. Dann kam sinngemäß der Satz, dass es nicht angehe, „dass ein paar Irre so lange auf Kosten der Steuerzahler herumfuhrwerken bis aus einer Mücke eine Herde Elefanten wird“.

Lukas Aigner bezog diesen Vorwurf auf seine Mandantin und begründet damit den Ablehnungsantrag. Zwar erklärte Ogris, dass er nicht nur die klagende Partei gemeint, sondern dass er sich auf das ganze Prozessthema bezogen hatte und somit auch die Bank angesprochen war – zu einer Verständigung kam es aber nicht.

Der Ablehnungssenat entscheidet nun in den nächsten Wochen, ob Ogris bleibt oder ob der Ersatzrichter übernimmt. Bei einem Richterwechsel beginnt das Verfahren von vorne, auch die neuerliche Befragung der bereits gehörten Zeugen ist grundsätzlich nötig. Denkbar wäre allerdings, dass beide Parteien der Verlesung der alten Protokolle zustimmen und so eine neuerliche Befragung umgangen werden könnte. Mehrkosten und Zeitverlust sind jedenfalls fix.

Die von der RLB bei der letzten Tagsatzung für „irgendwann“ angekündigte Gegenklage über 66 Millionen Euro ist bis Anfang Juni noch nicht eingebracht worden. Diesbezüglich im Verfahren vorgebrachte „Gesprächsbereitschaft“ dürfte sich wohl nur auf technische Aspekte des Verfahrens bezogen haben –  an aussichtsreiche Gespräche zur außergerichtlichen Streitbeilegung zwischen St. Pölten und der RLB glaubt niemand mehr.

Heißer Sommer. Auch auf politischer Ebene wird die Opposition für einen heißen Sommer sorgen. Am 30. Juni, so hört man aus dem Rathaus, sollen die Ergebnisse der zwei Parteiengespräche, bei denen auch externe Experten der beigezogenen Beraterfirma KPMG Präsentationen gehalten haben, vom Gemeinderat beschlossen werden – zuvor will man keine Details kommentieren. Angeblich sei es aber gar nicht um den klagsanhängigen SWAP mit der RLB gegangen, womit womöglich die laut NÖ-Gemeindeaufsicht nichtigen Barclays-Geschäfte Thema waren? Steht hier eine nachträgliche Genehmigung durch den Gemeinderat im Raum – und will die SPÖ dafür trotz ihrer absoluten Mehrheit womöglich die Opposition ins Boot holen? Und wenn ja, um welchen Preis?

Zurück an den Start?

Mit seinem Ablehnungsantrag, eingebracht in der Tagsatzung vom 6. Mai 2014, sorgte Lukas Aigner, St. Pöltens Rechtsanwalt im Streit mit der Raiffeisen-Landesbank NÖ-Wien (RLB), für Nervenkitzel. Doch wie geht es nun weiter?

Nachdem Aigner den Ablehnungsantrag gestellt hatte, protokollierte Richter Martin Ogris noch während der Verhandlung dessen Begründung. Danach wurde die Tagsatzung beendet, der Richter darf in so einem Fall keine weiteren Schritte setzen. Ogris verfasst nun eine Stellungnahme zu eben diesem Antrag, der ganze Akt wird in Folge dem „Ablehnungssenat“ am Handelsgericht Wien vorgelegt. Dieser Senat aus drei Richtern entscheidet dann, wie es weitergeht.

Entweder wird der Antrag abgelehnt und Martin Ogris bleibt der zuständige Richter. In diesem Fall könnte Aigner ein Rechtsmittel einlegen und die letzte Entscheidung würde das Oberlandesgericht Wien treffen.

Oder der Senat gibt dem Antrag von Aigner statt. In diesem Fall übernimmt Roland Parzmaier den Fall, er stand von Beginn an als Ersatzrichter fest, für den Fall, dass Ogris verhindert ist. Bei jedem Verfahren wird übrigens automatisch ein Stellvertreter für den eigentlichen Richter festgelegt.

Gerade in Fällen mit öffentlichem Interesse ist das Gericht um eine rasche Entscheidung bemüht. In ein paar Wochen sollte also eine Entscheidung vorliegen. Geht es in die nächste Instanz zum Oberlandesgericht, so ist eine endgültige Entscheidung wohl in ein bis zwei Monaten zu erwarten.

Bei der Frage, ob der Richter tatsächlich befangen ist, prüft der Ablehnungssenat nicht nur die persönliche Ebene des Richters sondern auch die mögliche, öffentliche Wahrnehmung – um eben den Eindruck einer Befangenheit zu verhindern. Eine individuelle Stellungnahme zum konkreten Fall konnte am Handelsgericht nicht genommen werden, es handelt sich um allgemeine Auskünfte über die grundsätzlich vorgesehenen Regelungen.

Tatsache ist aber, dass bei einem Richterwechsel grundsätzlich auch die Beweismittel, sprich Zeugenaussagen, neu aufgenommen werden. Möglich wäre aber, dass beide Streitparteien darauf verzichten und einer Verlesung der bisherigen Protokolle zustimmen. Erfahrungsgemäß ist es aber eher wahrscheinlich, dass mit einem neuen Richter auch alle relevanten Zeugen neuerlich geladen werden müssen. Das Verfahren würde damit de facto neu beginn, würde wesentlich länger dauern und deutlich teurer werden.

Seitens der RLB bleibt man auch am Tag nach dem großen „Knalleffekt“ bei der bisherigen Linie. Das Prozessgeschehen möchte man nicht kommentieren, die Standpunkte der Bank würden im Prozess von Anwalt Wolfgang Höller hinreichend vertreten, ergänzen möchte man dazu nichts.

Für die Stadt St. Pölten betont Rathaus-Sprecher Martin Koutny auf die Frage, ob der Ablehnungsantrag von Lukas Aigner für die Mandantin überraschend kam bzw. ob so ein Vorgehen im Vorfeld abgesprochen war, dass der St. Pöltner „Gemeinderat die Rechtanwaltskanzlei Kraft & Winternitz damit beauftragt hat, die Interessen der Stadt vor dem Handelsgericht in bestmöglicher Weise zu vertreten. Dieser Auftrag umfasst daher auch einen Ablehnungsantrag, sollte dieser geboten sein.“

Und wie sieht es mit der von der Bank angedeuteten Gesprächsbereitschaft aus? Wären Gespräche zwischen Stadt und Bank aus Sicht des Magistrats wünschenswert oder sind schon Gespräche geplant? Koutny dazu: „Wie in der Einvernahme von Vorstandsdirektor Dr. Karl zutage gekommen ist, war die Bank vor der Klage, obwohl sie der Stadt eindeutig Gesprächsbereitschaft signalisiert hat, nie ernsthaft an einem Vergleich interessiert. Die Bemühungen der Stadt zur einvernehmlichen Lösung und die Haltung der Bank wurde vor Gericht mit ‚ätsch‘ kommentiert. Wenn nun Dr. Höller Gesprächsbereitschaft andeutet, so ist man bei der Stadt sehr gespannt darauf, ob man seitens der Bank diesmal ernsthafte Vergleichsgespräche führen will, oder doch wie bisher nur Scheingespräche. Den Standpunkt der Stadt zur Gesprächsbereitschaft hat Mag. Aigner in der Verhandlung klar dargelegt.“

Vielleicht finden ja doch noch konstruktive Gespräche zu einer außergerichtlichen Einigung statt. Zumindest Martin Ogris hätte da wohl eher nichts dagegeben.

Mehr zur Tagsatzung vom 6. Mai 2014 am Handelsgericht Wien bei: „Die Irren, die herumfuhrwerken

Von Irren, die herumfuhrwerken.

Handelsgericht Wien, Marxergasse 1A.Am 6. Mai 2014 überschlugen sich die Ereignisse am Handelsgericht Wien, zumindest wenn es um die Zukunft des St. Pöltner Stadtbudgets geht. Am Zivilrechtsweg streitet die Stadt mit der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien (RLB) über ein SWAP-Geschäft, der theoretische Schaden aus dem strittigen Geschäft war schon mal bei 80 Millionen Euro. Befeuert durch ein Schreiben der NÖ Gemeindeaufsicht, die ein anderes Geschäft als nicht gültig zustandgekommen sah, entschied der St. Pöltner Gemeinderat am 31. März, angeführt von der absoluten SPÖ-Mehrheit, den Zahlungsverpflichtungen aus dem Geschäft nicht mehr nachzukommen. Die Bank solle die Stadt halt klagen, immerhin gehe man davon aus, dass das Geschäft nichtig sei, führten Bürgermeister Matthias Stadler und der Anwalt der Stadt, Lukas Aigner, dazu aus.

Heute wurde durch die Ausführungen von Wolfgang Höller, Vertreter der RLB, vor Gericht bekannt, dass die Bank der Stadt am 26. März 2014, also kurz nach dem Bekanntwerden der neuen Strategie der Stadt in diesem Prozess, ein schriftliches Angebot gemacht hatte. Die Bank hätte eine „einvernehmliche Schließung“ des Geschäftes vorgeschlagen, vorbehaltlich des Ausgangs des Verfahrens am Handelsgericht. St. Pölten habe auf das Schreiben nicht mal reagiert, so Höller.

Die Nicht-Reaktion begründete Lukas Aigner damit, dass es für St. Pölten sowieso keinen Sinn mache, ein Geschäft einvernehmlich zu schließen, wovon man überzeut sei, dass es gar nicht korrekt zustande gekommen sei. Der Grundsatzbeschluss des St. Pöltner Gemeinderates, der seit 2003 als Grundlage für die Geschäftsabschlüsse des Bürgermeisters gedient hat, war nämlich laut Feststellung der NÖ Gemeindeaufsicht ungültig. Demnach sei auch das klagsanhängige Geschäft gar nicht korrekt zustandgekommen.

Handelsgericht-Wien2_MüllnerMichael_webWährend die erste geladene Zeugin vor dem Gerichtssaal wartete, wurde im Saal drei Stunden lang über die bisherigen Ergebnisse des Verfahrens diskutiert. Dabei ging es häufig um die bisherigen Aussagen der geladenen Zeugen und die Versuche, die Funktionsweise des SWAPs in vergleichbare, lebensnahe Situationen umzulegen. Besonders strittig dabei, war das Geschäft soweit transparent, als dass die Stadt – konkret Finanzleiter Ernst Knoth und Bürgermeister Matthias Stadler – die Risiken nachvollziehen konnten. Auch hier drehten sich die Diskussionen wie in den früheren Prozesstagen im Kreis. Richter Martin Ogris hielt der klagenden Partei mehrmals die Zeugenaussage von Knoth und Stadler vor, wonach sie schon verstanden hätten, dass es theoretisch das Risiko gab, dass die Stadt bei allen 67 Zahlungsterminen auch „draufzahlen“ könnte. Über die wahre Natur des Geschäftes, der Aufklärungspflichten der Bank, der angeblichen oder tatsächlichen Unkenntnis des Kunden, den negativen Barwert zu Geschäftsabschluss, den zweifelhaft ermittelten Marktwert zum Zeitpunkt X wurde heftig diskutiert.

Wolfgang Höller argumentierte, der fehlerhafte Grundsatzbeschluss des Gemeinderates komme aus juristischer Sicht einer Anscheinvollmacht gleich. Der Gemeinderat hätte der Bank gegenüber den Anschein erweckt, dass mit diesem Beschluss der Bürgermeister die Geschäfte schließen dürfe. Auch habe die Stadt diesen Standpunkt bis zum Vorliegen der Gemeindeaufsichts-Stellungnahme nachdrücklich vertreten. Zudem stehe auch in der Stellungnahme der Aufsichtsbehörde, dass daraus eben keine zivilrechtlchen Rückschlüsse zu ziehen seien, da sie sich bei der Beurteilung auf öffentlich-rechtliche Erwägungen beschränkt habe. Eine spätere Ladung der Leiterin der NÖ Gemeindeaufsicht sowie der zuständigen Sachbearbeiter stand im Raum. Von einer Nichtigkeit des Geschäftes sei aus Sicht der Bank keinesfalls auszugehen.

Die Stimmung war, wie schon bei früheren Tagsatzungen, energisch, teilweise vielleicht auch aufgekratzt. Vergleiche wurden bemüht, über Detailfragen wurde energisch diskutiert. Immer wieder wurden von allen Seiten auch politische Aspekte eingebracht. So deutete Höller an, dass die Stadt „politisch nicht mutig genug war“, das Geschäft 2008 zu schließen – als ein Minus von 4 Millionen Euro anstand und man die stadteigenen Risikolimits bereits überschritten hatte. Aigner hielt dagegen, dass derartige Geschäfte heute deshalb nicht mehr angeboten würden, ja die zugehörige Abteilung schon geschlossen wurde, weil sich die Kunden heute nicht mehr derart „über den Tisch ziehen lassen“ würden.

Handelsgericht-Wien1_MüllnerMichael_webHöller trieb die Diskussion voran, indem er meinte, die Stadt hätte Einnahmen aus derartigen Geschäften in ihren Rechnungsabschlüssen jahrelang ausgewiesen, nun, wo es um Verluste geht, wolle man diese aber „der Bank umhängen“. Was vor dem Hintergrund jüngster Fälle von „Vergemeinschaftungen“ von Bankverlusten, durchaus für Heiterkeit sorgte. Richter Ogris ließ gegenüber Aigner anklingen, dass er am Ende des Verfahrens vielleicht schon mit ihm dahingehend einig sein könnte, dass die Bank zu hohe Prämien aufgeschlagen habe. Aber das Argument, die Stadt sei von der Bank „hereingelegt“ worden, das sei ihm vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen von Knoth und Stadler nicht schlüssig. Ogris versuchte auszuloten, wo die Vorstellung der Stadt liegen könnte, sich zu einigen, unter dem Aspekt, dass die Bank beim Abschluss zu hohe Provisionen verlangt habe. Vage deutete Aigner an, dass man die zu hohen Provisionen für Risikoabsicherungen verwenden hätte können und dann heute ein Schaden bei nur vier bis acht Millionen Euro liegen könnte.

Für die Bank teilte Wolfgang Höller mit, man habe beschlossen „demnächst“ mittels Widerklage die Stadt St. Pölten auf 66 Millionen Euro zu klagen. Das sei der Schaden, der nun der Bank entstehe, weil sich St. Pölten weigere, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Man sei aber offen für Gespräche mit der Stadt. Ein durchaus neuer Aspekt, sah sich die Bank bisher doch schlicht „in einer sehr guten Rechtsposition“, weshalb man auch keinerlei Verhandlungen zu einer außergerichtlichen Lösung führen bräuchte.

Martin Ogris griff den Ball auf und forderte beide Seiten vehement auf: „Machen Sie doch eine Gesamtlösung!“ Wiederholt wies er darauf hin, dass es im Rückblick natürlich gescheiter gewesen wäre, wenn St. Pölten im Jänner 2008, bei Anschlagen der Risikolimits, bei Vorliegen von Marktwert-Berechnungen, wonach das Geschäft mit 4 Millionen Euro im Minus sei, einen Schlussstrich gezogen hätte und das Geschäft geschlossen hätte. Was sind 4 Millionen Euro Verlust – vor dem Hintergrund des aktuellen Prozessrisikos? Dann sagte er sinngemäß, dass er aus Sicht des Steuerzahlers überhaupt nicht verstehe, dass ein paar wahnsinnige Irre da über Jahre herumfuhrwerken – und im Endeffekt aus einem Minus von 4 Millionen ein Minus von 66 Millionen Euro wird, für das Bürger nun aufkommen muss.

Das war Lukas Aigner offenbar zu viel. Er fühlte sich persönlich und seine Mandantin, die Stadt St. Pölten, angesprochen. Er könne sich vom Richter nicht als „Irren“ bezeichnen lassen, zudem habe der Richter im Vorfeld mehrfach subjektiv und polemisch argumentiert und Beweise bereits im laufenden Verfahren vorzeitig gewürdigt. Er stellte demnach einen Ablehnungsantrag gegen Richter Ogris.

Sichtlich überrascht versuchte Ogris zu erklären, wie er diesen Ausspruch gemeint hat. Dass es ihm nicht um konkrete Personen ging, sondern allgemein um Politiker bzw. Streitparteien, die aus Sicht des Bürgers gefälligst auf das Steuergeld achten sollen. Höller brachte sich mehrfach ein, dass er als beklagte Partei mindestens so viel angesprochen war, wie Aigner als klagende Partei. Er fragte mehrmals, ob es nicht jetzt vielleicht klug sei, dass man „persönlich“ rede, bevor man hier weitermache. Aus meiner Sicht nochmals der Versuch, einen Schritt in Richtung zur von Ogris eingeforderte „Einigung“ zu setzen – wie ernst dieser Versuch auch immer gemeint gewesen sein mag, er wurde nicht mal aufgegriffen.

Nun kann man natürlich über die Prozessführung des Richters eine Meinung vertreten, man kann seine Äußerungen polemisch, sarkastisch, ironisch, pointiert oder sympathisch finden. Zieht man alle Personen ab, die im Dienste der klagenden oder beklagten Partei anwesend waren, dann bleiben wenige über. Ich sehe mich als einen davon. Von Zivilprozessen, dem zulässigen „wording“ und der Zivilprozessordnung hab ich zu wenig Ahnung, um die Aussage des Richters im Hinblick auf den Antrag von Aigner zu werten.

Als Beobachter denke ich mir nur: Warum hat denn keiner den Höller gefragt, ob die Bank bereit wäre sich zu vergleichen und wenn ja wie? Wäre ein Vergleich aus Sicht der Stadt überhaupt gewollt, politisch machbar? Warum erfährt die Öffentlichkeit relevante Entwicklungen oft erst im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung, aber nicht von den Prozessparteien? Was bedeutet ein neuer Richter für den Fortschritt des Verfahrens?

Um 15:45 Uhr am 6. Mai 2014 stellte Lukas Aigner einen Ablehnungsantrag, nach drei Stunden wurde die heutige Sitzung um 16:10 Uhr geschlossen. Gehört wurden null von zwei geladene Zeugen. Netto 7 Minuten hat Martin Ogris in sein Diktiergerät diktiert und damit zu Protokoll genommen. Am Handelsgericht Wien wird wohl in den nächsten Wochen entschieden, wer den Fall in Zukunft weiterführt.

Schon bald nach dem Prozessende informierte die Stadt St. Pölten in einer Aussendung über den Ablehnungsantrag und begründet dies damit, dass „der Richter mehrfach Aussagen getroffen hat, die auf eine Befangenheit schließen lassen.“ Weiters sei „bezeichnend für die eigentümliche Prozessführung durch Richter Ogris auch, dass er wiederholt mit den Worten ‚Publikums-Joker‘ die Prozesszuhörer fragte, wie sie seine Aussagen verstanden hätten.“ Weiters sandte die Stadt aus: „Dass Richter Martin Ogris sich nach seinen Äußerungen selbst betroffen zeigte, äußerte sich auch darin, dass er die im Saal anwesenden Journalisten bat, ihn nicht zu zitieren.“

Stimmt, Ogris meinte, dass wir das ja nicht schreiben sollen. Im Scherz. Ich habe den Ausspruch, wie schon vorangegangene von ihm in diese Richtung, nicht als ernstgemeinte Handlungsaufforderung gesehen, schon gar nicht als eine, die von einem „Schuldbewußtsein“ getragen war. Meiner Meinung nach war das eine sarkastische Bemerkung, ein humorvoller Scherz, wir sollen sinngemäß „keinen Blödsinn schreiben“. Nie würde ich mich freilich über eine selbstzerknirrschte Bitte des armen Richters frech hinwegsetzen. (Sarkasmus, again!)

Sowohl die ironische Frage nach einem „Publikumsjoker“, als auch die Feststellung, man möge ihn bitte ja nicht zitieren, waren für mich nicht ernst gemeinte Wünsche oder gar Aufforderungen. Welchen Sinn hätte denn ein öffentliches Verfahren, wenn man dann nur im Sinne einer Partei oder des Richters berichten dürfte? Für die Öffentlichkeit keinen – und in diese Fall ist diese eben relevant, weil es nicht um den Streit zwischen Herrn Mustermann und seiner Bank geht, sondern um Steuergelder von Bürgern. Da darf man schon fragen, wie das Geschäft zustandekam, wer daran verdient hat, wer es hätte besser wissen müssen und wer heute bereit ist, im Sinne der Bürger eine konstruktive Lösung mitzutragen. Das Recht diese Fragen zu stellen – und die unterschiedlichen Antworten dazu wiederzugeben – steht hoffentlich außer Streit.

„Wir sollten alle Freunde sein.“ Der St. Pöltner Gemeinderat ist sich darin nicht so einig.

Am Montag, 31. März 2014 wäre die nächste Zahlung aus dem klagsanhängigen SWAP-Geschäft fällig gewesen, rund 900.000 Euro hat die Stadt aber nicht an die RLB überwiesen. (Warum?) Grund dafür ist ein an diesem Tag gefasster Beschluss des Gemeinderates, die Zahlungen an die RLB einzustellen. Meine betont subjektiven Wahrnehmungen über drei Stunden als Zuhörer im St. Pöltner Gemeinderat.

Zum Auftakt diskutieren die Gemeinderäte einen dringlichen Antrag der FPÖ, argumentiert von Stadtrat Hermann Nonner. Es solle vereinbart werden, dass unverzüglich Parteiengespräche zum Thema SWAP-Klage aufgenommen werden. Nein, das muss der St. Pöltner Bürger nicht verstehen. Man kann das nur einfach so für sich stehen lassen, dass sich die gewählten Gemeindevertreter nun immerhin nach Monaten des Streitens (nicht nur vor Gericht, auch untereinander) eben erst nun darauf einigen, dass sie sich darüber austauschen. Ein österreichischer Ansatz: „Red ma drüber.“

Jetzt würde SPÖ-Bürgermeister Matthias Stadler (oder seine Fraktion) natürlich wieder anmerken, dass ja eh ständig und überhaupt informiert wird. Und der St. Pöltner ÖVP-Klubobmann Peter Krammer würde sinngemäß einwenden, dass „die Roten“ eben nur zugeben, was „die Schwarzen“ ihnen belegen könnten. Kennen wir alles – seit Monaten. Aber dennoch möchte ich das nochmals festhalten: da ist seit Monaten diese Mega-Causa am Dampfen und nach all der Aufregung – die ja durchaus auch substantiell ist, wie die völlige Strategieänderung der RLB-Klage im Verlauf des Abends zeigen wird – einigt man sich darauf, dass man sich halt darüber unterhalten wird. Keine Auflagen wann und wie oft bzw. wie konkret. Und natürlich kein Hinweis darauf, dass diese Gespräche öffentlich zu führen sein müssten. Also nichts, was der Bürgermeister nicht ohnehin schon längst hätte machen können, denn für Parteiengespräche braucht man nun wirklich keinen Gemeinderatsbeschluss.

Um das FPÖ-Kapitel gleich abzuschließen: Heidi Rosskopf ist wieder da – sie stellt auch brav Fragen (wenn es um Kostenüberschreitungen beim geplanten Park & Ride Deck geht). Den Knüller liefert sie aber bei ihrer Wortmeldung zum SWAP-Streit:

„Wir sollten alle Freunde sein. Es gibt zu viel Parteipolitik in der Lokalpolitik.“- Heidi Rosskopf (FPÖ)

Ja, naiv, keine Frage. Aber irgendwie auch am Kern der Sache, irgendwie. Peter Sommerauer ist drei Stunden lang nur physisch anwesend, keine nennenswerte Regung oder gar Wortmeldung. Und Klaus Otzelberger sagt zur SWAP-Sache das, was er seit gefühlten Ewigkeiten sagt: „Aber ich habe seit 2009 die SPÖ-Mehrheitsfraktion darauf hingewiesen, dass sie aus diesen Geschäften sofort aussteigen soll. Damals bin ich verhöhnt worden, ich habe das aber alles schwarz auf weiß in den Medien belegt, dass ich das schon damals gefordert habe und uns seit damals viel Geld erspart geblieben wäre…“ – Der am Thema Interessierte kann dieses „Gsatzl“ schon mitreden. Bleibt also Hermann Nonner in seinem grotesken Versuch den „elder statesman“ zu machen und einen einstimmigen Antrag für Gespräche „durchzusetzen“. Dem Bürgermeister kann man zu dieser FPÖ-Opposition nur gratulieren.

Nun also zur ÖVP: Die möchte ja einen eigenen Gemeinderatsausschuss einrichten lassen, der die diversen Spekulationsgeschäfte untersucht. Argumentiert wird das mit der mangelnden Kontroll- und Untersuchungsmöglichkeit in den bestehenden Ausschüssen, worüber sich natürlich trefflich streiten lässt. Die SPÖ argumentiert weiterhin, dass die bestehenden Gremien ausreichend Kontrollmöglichkeiten vorsehen. An dieser Front ist also nichts Neues zu erfahren – außer, dass die FPÖ mit der SPÖ gegen so einen Ausschuss stimmt. Nur ÖVP und Grüne wollen ihn.

Die Grünen. Julia Schneider ist physisch anwesend und versteht sich gut mit ihrer Grünen-Kollegin Nicole Buschenreiter – diese macht auch die ganze Arbeit der Grünen „Fraktion“, wenn sie etwa auf den Spuren ihrer Mutter wandelnd den Herrschaften von ÖVP und SPÖ etwas die Leviten liest. So wenig durchdacht und unprofessionell manche Aktion der Grünen Tag für Tag daher kommt, immerhin im Gemeinderat trifft Buschenreiter den Nagel durchaus auf den Kopf, etwa wenn sie die Frage wieder präzisiert, ob denn wir, der Gemeinderat, tatsächlich nichts vom angeblichen Risiko dieser hochspekulativen Finanzgeschäfte gewußt haben, die ihr Vorredner Robert Laimer zuvor dramatisch schilderte (kurz: schuld ist die „Hochfinanz“, die ÖVP sei ein „politischer Geisterfahrer“). Und sie sorgt für etwas Erheiterung und Menschlichkeit an ihrem „Brückenkopf“ zwischen FPÖ und SPÖ, rein Sitzplatz-technisch gesehen, was an diesem Abend durchaus auch einen Stellenwert hat.

Denn das Klima ist eigentlich eine Frechheit. Das sag ich jetzt als Bürger, der eben aus journalistischen Antrieb heraus das Thema der SWAP-Problematik sehr intensiv verfolgt, und sich darum als Vorabendprogramm diese Diskussion gibt.

Da ist zum einen der Bürgermeister, dem die ÖVP vorwirft, er habe über 200 Mal das Gesetz gebrochen und Geschäfte am Gemeinderat vorbeigeschwindelt. Kein Wunder, dass Stadler bei dieser Interpretation das sprichwörtliche Häferl übergeht. Ja, die Gemeindeaufsicht sagt, dass ein geprüftes Geschäft (und wohl in Folge zahlreiche andere) nicht korrekt zustandegekommen sind. Aber dass der Bürgermeister damit sprachlich vereinfacht zum Gesetzesbrecher gemacht wird – oder zum Geschäfte-am-Gemeinderat-vorbei-Schummler, das ist halt dann doch wieder ein ganz weit gespannter Bogen der dummen Parteipolitik, der ja gar nicht nötig wäre – wenn man das Problem einfach auf sachlicher Ebene belassen würde.

Stadler hat Recht, wenn er sich gegen diese Interpretation wehrt. Denn dass die Gemeindeaufsicht im Zuge der angesprochenen Prüfung drauf kommt, dass die Grundsatz-Richtlinie einfach falsch ist, das hatte nun wirklich niemand kommen gesehen. Zumindest nach den bisher bekannten Informationen. Auch Stadler betonte im Rahmen der Gemeinderatssitzung, dass er bis zum Schreiben der Gemeindeaufsicht keine Kenntnis darüber hatte, dass dieser Grundsatzbeschluss womöglich nicht rechtsgültig sei. Das ist nun aber ein springender Punkt. Die Vorwürfe der ÖVP kommen – zumindest in der verkürzten Form – so rüber, als hätte hier jemand absichtlich, wissentlich, Geschäfte „am Gemeinderat vorbei“ beschlossen. Dabei war es viel mehr der Fehler des Gemeinderats, dass er überhaupt so einen Beschluss gefasst hat. Und das hatte wohl weniger politisch motivierte Gründe, als vielmehr pragmatische. Es war eben in dieser Form einfach praktisch, die Geschäfte so zu schließen. Und dass die heute beklagte Bank damals angeblich aktiv in die Ausarbeitung des Beschlusses eingebunden war, das wird vielleicht vor Gericht noch näher gewürdigt und in Relation gesetzt.

Jedenfalls hat der Gemeinderat die Verantwortung an den Bürgermeister und mit ihm an die Verwaltung, den Magistrat, abgeschoben. Sollte sich im Verlauf der weiteren Diskussion zeigen, dass Stadler oder andere im Rathaus schon länger wußten, dass der Grundsatzbeschluss nicht dem gesetzlichen Rahmen entspricht, so kann man ihm das massiv vorwerfen. Bis dahin sollte man aber einfach von einem Systemversagen ausgehen. Auf juristischer Ebene bei der Ausarbeitung des Grundsatzbeschlusses und politisch – bei allen Fraktionen, die zugestimmt hatten (wohl auch ohne echte Möglichkeit die Rechtmäßigkeit des Beschlusses zu hinterfragen).

Gut auch, dass die ÖVP den von ihr vermuteten strafrechtlichen Aspekt der ganzen Geschichte nun bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. Auch wenn es für den Bürgermeister unangenehm ist, wenn ihm der eigene Gemeinderat zum Teil in dieser schwierigen Diskussion derart angreift – gerade die strafrechtliche Komponente der Diskussion ist für den Bürger da draußen unerträglich – und muss darum besser heute also morgen durch unabhängige Behörden geklärt werden.

Doch es ist nicht die ÖVP, der man nun die Verantwortung für die SWAP-Streiterein umhängen kann. Zum Argument, dass ja eh alles immer vollständig kommuniziert werde, genügt die Erinnerung an die Anfänge der SWAP-Klage. Bevor nicht in öffentlicher Verhandlung erste Details zum Verfahren bekannt wurden, wurde um die Causa der Mantel des Schweigens gehüllt. Erst seit sich Journalisten (und Politiker) beim zivilrechtlichen Verfahren ein eigenes Bild machen, wird von der Stadt durchaus professionell kommuniziert. Diese Flucht nach vorne hat der Position der Stadt auch gut getan, wurde doch immer klarer, warum sie das Geschäft eingeklagt hat und immer unverständlicher, warum sich Raiffeisen zu dieser Causa überhaupt nicht öffentlich äußert.

Doch zurück in den St. Pöltner Gemeinderat. Da holt die ÖVP also jetzt natürlich sehr weit aus, wohl aber auch als Ergebnis der monatelangen Vorgeschichte. Da wurde nämlich nicht nur der Bürgermeister von der ÖVP angegriffen, auch die SPÖ hielt sich nicht zurück und warf der ÖVP regelmäßig vor, dass sie mit der Bank im Boot sitzt. An sich schon kein schöner Vorwurf, so interpretiert die ÖVP das auch als Vorwurf die Interessen der Stadt nicht zu vertreten – was an sich auch Amtsmissbrauch wäre, sind doch alle Mandatare vereidigt, eben den Interessen der Stadt zu dienen. Dann noch die emotionale Ebene, die Vorwürfe, die Anfeindungen, in beide Richtung, schon klar. Und raus kommt dann so was:

„Der ÖVP ist die Stadt völlig wurscht! Zwei schwarze Schlümpfe patzen die Landeshauptstadt an.“ – Gemeinderat Andreas Fiala (SPÖ)

Gänzlich unbeeindruckt von seiner Vorrednerin Heidi Rosskopf („Wir sollten Freunde sein.“) bringt Andreas Fiala damit die Präpotenz der absoluten Mehrheit auf den Punkt. Auch wenn man in der Sache noch so uneins ist, auch wenn die Methoden und die Wortwahl der Opposition noch so unnötig erscheinen möge, aber der St. Pöltner ÖVP pauschal vorzuwerfen, dass ihr die Stadt wurscht sei und sie die Landeshauptstadt anpatzt, das zeigt das Problem im Kern: Die SPÖ kapiert nicht mehr den Unterschied zwischen Bürgermeister und Stadt.

Ist ja auch schwierig. Immerhin ist der Bürgermeister zwar vom Gemeinderat (als Politiker) gewählt, aber zugleich vertritt er die Stadt. Doch wenn ich auf politischer Ebene streite, dann kann man doch auch den Bürgermeister angreifen ohne als Generalverräter an der Stadt durchs Dorf getrieben zu werden? Im SPÖ-Universum ist das schwierig, wohl auch weil der normale Bürger nach Jahrzehnten der SPÖ-Alleinregierung „das Rathaus“ mit der SPÖ gleichsetzt. (So wie „das Land“ auch gemeinhin als durchwegs „Schwarze“ Einheit gesehen wird.)

Jedenfalls kommt es dann zur Abstimmung des Tagesordnungspunkts 8 samt vorgelagerter Diskussion. Soll die Stadt also nun sinngemäß sagen: „Öha, die Gemeindeaufsicht sagt, das Geschäft ist gar nicht gültig zustandegekommen, somit gibt’s kein Geschäft, somit gibt’s auch keine Verpflichtung unsererseits, dass wir daraus Zahlungen an die Bank leisten, haben wir eh schon immer gewußt!“ Der Antrag will das so. Lukas Aigner, der Rechtsanwalt der Stadt, habe diese Argumentation in einem vorbereitenden Meeting mit allen Fraktionen auch schlüssig erklärt. Stadler präzisiert: „Würden wir jetzt nicht die Zahlungen einstellen, so könnte man uns das auch zum Nachteil auslegen. Dass wir stillschweigend weiter gezahlt und damit die Zahlungsverpflichtung und das Geschäft akzeptiert hätten.“ Juristen halt.

Peter Krammer führt für die ÖVP aus, dass seiner Fraktion die Grundlagen zur Beurteilung des Antrags fehlen – es gebe schlichtweg keine Vertrauensbasis in dieser heiklen Frage mehr. Nach einigen Zwischenrufen dann die Überraschung, die ÖVP-Mandatare packen vorbereitete Taferl aus, stellen sie auf den Tisch und ziehen aus. Ein Auszug, den die SPÖ-Mandatare mit einem Bahö in schlechter Stammtischmanier zur Kenntnis nehmen.

BildOhne ÖVP wird weiter diskutiert. Nonner und die FPÖ wollen dem Antrag zustimmen, weil es „vielleicht die letzte Chance für die Stadt ist“. Wohl eine weitere verzichtbare Wortmeldung, zumindest wenn man möchte, dass der Gemeinderat geschlossen auftritt und die Rechtsposition der Stadt vertritt. Wobei die Expertise der FPÖ bei diesem Thema ja nicht unbedingt den Ausschlag geben wird.

Die Grünen, also Nicole Buschenreiter, verstehen den Auszug der ÖVP. (Ich übrigens bis heute nicht, weil Vertrauensbruch und mangelnde Informationen – das Argument ist ja nicht neu – da könnte man ja auch ablehnen oder sich enthalten, aber was versteh schon ich von der Dramaturgie im hohen Gemeinderat.) Doch Buschenreiter bringt das Problem wieder geschickt auf den Punkt. Die Argumentation des Stadt-Anwalts sei ihr schlüssig gewesen, aber eine Abstimmung darüber maße sie sich nicht an. Sie könne nicht sagen, welcher Schaden eintritt, wenn die Stadt jetzt die Zahlungen einstellt. Und es stößt ihr auf, dass man damit quasi „Selbstjustiz“ zeigt und das Risiko für die Stadt nochmals erhöhe. Die Enthaltung der Grünen begründet sie so:

„Ihre Sicherheit hätte ich gerne, Herr Bürgermeister!“ – Nicole Buschenreiter.

Der Antrag auf Einstellung der Zahlungen wird mit den Stimmen der SPÖ und der FPÖ angenommen. Die Grünen und Heidi Rosskopf (FPÖ) enthalten sich. Die ÖVP war nicht im Saal.

Abschließende Bemerkung:
Natürlich gibt es abseits der SWAP-Klage noch andere Dinge zu tun. So wurde im Gemeinderat debattiert, ob man die höheren Kosten für das in Bau befindliche Park & Ride Deck beim Bahnhof akzeptieren solle. Die Kosten des städtischen Anteils steigen um 1,8 Millionen Euro – Grund dafür ist, dass die ursprüngliche Kostenschätzung als Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses falsch war. Die neuen, höheren Zahlen stimmen. Angefacht wird die Diskussion von Mario Burger (ÖVP), der seine berufliche Expertise dabei einbringt und die Gründe der Kostensteigerung hinterfragt. Es wird im Plenum durchaus konstruktiv diskutiert. Bleibt die Frage, was machen die Herrschaften eigentlich in den Auschüssen, in denen diese Anträge im Vorfeld vorbereitet werden? Sollte man dort nicht diskutieren, Fachmeinungen hören und etwaige Anregungen der anderen Fraktionen aufgreifen? Denn eines darf ich allen gewählten Mandataren sagen: Die Resonanz, die so manche Streiterei auf Kasperltheaterniveau in der Öffentlichkeit findet, ist minimal. Sie rechtfertigt sicher nicht den Gehalt, den Mandatare Monat für Monat überwiesen bekommen. Dafür würden wir uns schon etwas mehr Sacharbeit und etwas weniger Polemik und Präpotenz erwarten. Immerhin geht es um unser Geld. Und unsere Stadt!


Nachtrag vom 1. April 2014, 16:45 Uhr. Andreas Fiala hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich sein Schlümpfe-Zitat offenbar akkustisch nicht vollständig verstanden hatte. Es ging im Original nämlich so:

„Zwei schwarze Schlümpfe patzen den ‚Hulk Hogan‘ der Landeshauptstadt (unseren Bürgermeister) an, aber das ist der Öffentlichkeit ohnehin egal!“

Das hab ich so in der Tat nicht gehört, schade. Matthias „Hulk Hogan“ Stadler hätte ich mir gemerkt. Superhelden könnten wir in St. Pöltens Lokalpolitik nämlich momentan brauchen.

„Diesen Zuständen setzen wir jetzt ein Ende.“

St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) erhöht im Streit rund um SWAP 707843 den Einsatz. Die mit 31. März 2014 fällige Zahlung aus dem klagsanhängigen Geschäft von rund 900.000 Euro werde nicht überwiesen. Der Ball liegt nun bei der Bank. Auch auf der politischen Ebene stehen die Zeichen auf Showdown.

Gemeinsam mit Lukas Aigner (dem Rechtsanwalt, der die Stadt St. Pölten am Handelsgericht Wien im Streit mit der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien, RLB,  vertritt) trat Stadler am 24. März 2014 vor die Presse. Seine Ausführungen begann er mit persönlichen Worten zu den jüngsten Vorwürfen der St. Pöltner ÖVP. Diese wolle ihn „anpatzen“, Stadler sehe eine „moralische Linie jetzt überschritten“. Was war passiert?

Im Juni 2012 schloss die Stadt ein Finanzgeschäft mit der Barclays Bank. Laut Stadt wurde damit das Ziel verfolgt, Risiko aus der städtischen Veranlagungsstrategie zu nehmen. Am 26. Juni dieses Jahres trat eine Novellierung des NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz (STROG) in Kraft, die Landesgesetzgebung hatte die Spielregeln im Hinblick auf derartige Geschäftsabschlüsse verschärft. Im September 2013 wollte St. Pöltens ÖVP-Klubobmann Peter Krammer in einer schriftlichen Anfrage von der NÖ Gemeindeaufsicht wissen, ob das Geschäft korrekt zustandegekommen sei. Strittig war dabei vor allem der Zeitpunkt des Geschäftsschlusses.

Im Zuge der Prüfung stellte die NÖ Gemeindeaufsicht nunmehr am 17. März 2014 fest, dass das Geschäft zwar noch vor dem Inkraftreten der Novellierung zustandegekommen sei, dass aber der Grundsatzbeschluss vom 30. Jänner 2006, der den Bürgermeister ermächtigte, derartige Finanzgeschäft zu schließen, an sich nicht rechtskonform sei. Die „Vermögensverschiebung“ in Folge des Geschäftes liege über einer im Gesetz definierten Wertgrenze, demnach sei eben dafür der Gemeinderat zuständig. Vereinfacht gesagt, würde der Grundsatzbeschluss Kompetenzen des Gemeinderates auf den Bürgermeister übertragen – ein No-Go aus Sicht der Landesverfassung. Ein Grundsatzbeschluss, dem damals übrigens alle Parteien zugestimmt hatten und den auch bis dato offenbar die erfahrenen Rathausjuristen als unproblematisch angesehen hatten.

Auch wenn die Gemeindeaufsicht nur das angefragte Geschäft mit der Barclays Bank geprüft hat, so ergeben sich aus dieser Feststellung weitreichende Konsequenzen.

Zum einen will die ÖVP darin einen „Rechtsbruch“ des Bürgermeisters erkennen, dieser habe „mehr als 200 Mal rechtswidrig spekuliert, Geschäfte am Gemeinderat vorbeigeschwindelt und St. Pölten ein hohes finanzielles Risiko aufgebürdet“, wie Peter Kramme in Richtung Stadler ausholt. Eine Sachverhaltsdarstellung sei an die Staatsanwaltschaft St. Pölten übergeben worden, die ÖVP hofft auf eine rasche Klärung, ob dem Bürgermeister Amtsmissbrauch oder Untreue vorzuwerfen ist und stellt schon mögliche Regressforderungen in den Raum.

Bürgermeister Stadler kontert damit, dass er (wie sein Vorgänger) nur die Vorgaben des (einstimmigen) Beschlusses des Gemeinderates angewandt hat – was man einem Bürgermeister ja auch schwer vorwerfen könne. Er sieht sich aus den Detailerkenntnis der Gemeindeaufsicht in seinem Handeln bestätigt, auch wenn er feststellt, dass „die Richtlinie laut Gemeindeaufsicht nicht rechtskonform“ war. Diese Feststellung möchte er nun im Zivilprozess gegen die Raiffeisenbank nutzen.

Schon bei Klagseinbringung argumentierte die Stadt, dass das Geschäft nicht gültig zustandegekommen sei, da ein Geschäft dieser Art von der Gemeindeaufsicht genehmigt hätte werden müssen. Darum hätte sich damals praktischerweise auch die Bank kümmern müssen. Wahr ist, dass das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) besonders Schutzvorschriften für Gemeinden vorsieht. Dass aber die Bank überhaupt eine Parteistellung hätte um sich bei der NÖ Gemeindeaufsicht um eine „Genehmigung“ eines Geschäftes mit der Statutarstadt St. Pölten zu bemühen, das ist den Fachleuten in der Landesverwaltung neu. Auch das STROG sah damals keine explizite Prüfpflicht für derartige Geschäfte vor. Die Würdigung dieser Frage obliegt somit in erster Instanz Richter Martin Ogris am Wiener Handelsgericht, die nächste Verhandlung ist für 6. Mai 2014 geplant.

Bis dahin dürften noch einige Schriftstücke in dieser Causa bei Richter Ogris einlangen. Stadler kündigte nämlich bei dieser Pressekonferenz auch die zweite Konsequenz der Feststellung der Gemeindeaufsicht an. Er werde ab sofort die Zahlungen an die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien (RLB) einstellen, die nächste Rate von rund 9 Millionen Euro sei am 31. März 2014 fällig. Stattdessen werde der am selben Tag im Gemeinderat diese neue „Strategie“ beschlossen, der Finanzanschuss habe bereits grünes Licht gegeben.

Bestärkt sieht sich Stadler auch durch Gutachten, welche die Stadt eingeholt habe und welche das klagsanhängige Geschäft als „hinsichtlich des damit verbundenen Risikos aktuell nicht mehr tragbar“ bezeichnen. Zudem sei der Währungskurs des Schweizer Frankens günstiger als noch vor einiger Zeit, weshalb sich bei einer möglichen „Schließung“ des Geschäftes durch die RLB nun nur ein theoretischer Schaden von 69 Millionen Euro ergebe – der Schaden war schon mal über 100 Millionen gelegen. Zudem habe Reinhard Karl, Vorstandsdirektor der RLB, bei seiner Einvernahme im Rechtsstreit am Handelsgericht Wien ausgesagt, dass es nie ernstgemeinte Vergleichsgespräche aus Sicht der RLB gegeben habe. Stadler dazu: „Die RLB hat offenbar jahrelang nur zum Schein mit uns über eine vergleichsweise Bereinigung des Problems verhandelt. Diesen Zuständen setzen wir jetzt ein Ende.“

Auch Lukas Aigner sieht in der Feststellung der Gemeindeordnung eine Stärkung der „Rechtsposition der Stadt St. Pölten“ und betont, dass es keinen Sinn mache für ein Geschäft zu zahlen, das rechtswidrig zustandegekommen sei. Also Einstellung der Zahlung. Besser man lässt sich von der RLB klagen, als man müsse selber von der RLB Zahlungen einklagen – sofern man vor Gericht Recht bekommt. „Der Ball liegt nun bei der Bank“, meint Aigner.

Neben der politischen Diskussion rund um die STP-SWAP-Causa tritt nun wohl in den nächsten Wochen auch der zivilrechtliche Streit wieder stärker in den Fokus. Ob sich mögliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft St. Pölten auf den Fortschritt der Verhandlung am Handelsgericht auswirken werden ist derzeit noch unklar.

Auf der Ebene der Gemeindepolitik scheinen nun aber die Fronten verhärteter denn je, eine gemeinsame Linie der gewählten Parteien im St. Pöltner Gemeinderat scheint in weiter Ferne.


ANMERKUNG vom 26.03.2014, 15:20 Uhr: Silvia Buschenreiter, ehemalige St. Pöltner Grünen-Chefin, hat mich auf folgendes Protokoll des Gemeinderates hingewiesen:

Protokoll der Sitzung des Gemeinderats vom 30. Jänner 2006: Abstimmung Punkt 6 der Tagesordnung – Richtlinien für den Einsatz von Derivativgeschäften / Neufassung: Der Gemeinderats stimmt dem Antrag mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FSP, bei Gegenstimmen der Grünen, zu.

Demnach ist der Antrag nicht einstimmig beschlossen worden. Ich nehme das gerne zur Kenntnis und danke für den Hinweis!


ANMERKUNG vom 27.03.2014, 14:30 Uhr: Bürgermeister Matthias Stadler hat mir ausrichten lassen, dass meine Darstellung zur Frage der fraglichen Genehmigung des Geschäfts durch die Gemeindeaufsicht nicht ganz richtig sei. Es sei vielmehr so gewesen, dass die RLB der Stadt explizit gesagt habe, dass sie diese Art von Geschäften mit der Gemeindeaufsicht abgeklärt habe und sich die Stadt darauf verlassen habe. Ich nehme dies gerne zur Kenntnis und bedanke mich für den Hinweis!

Gültig — oder nicht?

Die NÖ Gemeindeaufsicht stellt fest, St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) hätte ein Derivativgeschäft gar nicht abschließen dürfen — sondern dafür einen Gemeinderatsbeschluss benötigt. Ist das nun eine Ohrfeige für den Bürgermeister — oder ein Ass im Ärmel der Stadt gegen Raiffeisen?

Am 17. März 2014 antwortete die NÖ Gemeindeaufsicht an den St. Pöltner Klubchef Peter Krammer. Die oppositionelle ÖVP im St. Pöltner Rathaus hatte dem SPÖ-Bürgermeister vorgeworfen, ein Derivativgeschäft mit der Barclays Bank ohne ausreichender Befugnis abgeschlossen zu haben.

In der Reaktion der Gemeindeaufsicht lässt die Behörde keinen Zweifel daran, dass sie die Argumentation der Stadt nicht teilt und der Ansicht ist, dass dieses Geschäft vom Gemeinderat hätte abgeschlossen werden müssen. Eine nachträgliche Beschlussfassung des Stadtparlaments sei nötig um den Vertrag zu “sanieren”.

Lässt sich diese Einzelfallprüfung auch auf alle anderen Geschäfte umlegen, die der Bürgermeister “alleine” auf Grundlage eines “Grundsatzbeschlusses” im Gemeinderat vom 30. Jänner 2006 geschlossen hat, so hat St. Pölten ein Problem.

Laut Peter Krammer wären rund 230 Derivativgeschäfte betroffen, alle müssten nachträglich vom Gemeinderat rückwirkend beschlossen werden. Eine Vorgehensweise, die Krammer zumindest für seine Partei ausschließt. Aber auch die SPÖ-Gemeinderäte sollten sich genau überlegen, ob sie ihrem Bürgermeister noch weiter in dieser Causa folgen: “Es gibt auch eine persönliche Haftung der Gemeinderäte.”

Der gesammelte Sachverhalt wird am Montag, 24. März 2014 von der ÖVP offiziell bei der St. Pöltner Staatsanwaltschaft eingebracht. Ob sich aus diesem verwaltungsrechtlichen Befund Anhaltspunkte auf strafrechtlicher Ebene ergeben wird derzeit heftig diskutiert. Im März erhob Krammer bereits im MFG-Magazin schwere Vorwürfe gegen Stadler und stellte die Frage in den Raum, ob Stadler Amtsmissbrauch und Untreue in Sachen SWAP-Causa vorzuwerfen sei.

Matthias Adl, Obmann der St. Pöltner ÖVP, kündigte unter dessen an, dass seine Partei die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss bekräftigen wird. Mit den anderen Oppositionsparteien werde man dazu Gespräche führen. Für die Einsetzung eines Ausschusses sind auch Stimmen der SPÖ nötig. Peter Krammer meinte, er sei gespannt, ob “die St. Pöltner SPÖ-Mandatare weiter die nötige Kontrolle verweigern würden”.

Am Montag, 24. März 2014 tagt um 9:00 Uhr im Rathaus der Finanzausschuss. Auch St. Pöltens Rechtsanwalt Lukas Aigner, der die Stadt im Zivilrechtsverfahren gegen die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien beim Streit um SWAP 707843 vertritt, wird dabei an den Ausschuss berichten. Für 11:30 Uhr ist eine Pressekonferenz mit Bürgermeister Stadler und Lukas Aigner angesetzt.

Im gerichtsanhängigen Verfahren geht es um etwa 12 Millionen Euro an Zahlungen, die St. Pölten bereits geleistet hat und einen offenen Streitwert von rund 80 Millionen Euro. Seitens des St. Pöltner Bürgermeisters bzw. des Magistrats wurde die Stellungnahme der Gemeindeaufsicht noch nicht kommentiert. Unklar ist derzeit, ob diese Stellungnahme die Rechtsposition der Stadt im Streit mit Raiffeisen stärken könnte — und der Argumentation hilft, dass das Geschäft gar nicht korrekt zustandegekommen sei. Vor diesem Hintergrund könnte sich die Rechtsmeinung der Gemeindeaufsicht auch als “Ass im Ärmel” der Stadt St. Pölten erweisen, wie auch Peter Krammer unterstreicht.

Die Diskussion um strafrechtliche Konsequenzen (Stichwort Amtsmissbrauch) sowie die politische Verantwortung der umstrittenen St. Pöltner “Schuldenbewirtschaftung” wird sich in den nächsten Wochen jedenfalls verstärken.

“Die Klage aus dem Wahlkampf draußen halten.”

SWAP-Klage, STP versus RLB, Verhandlung vom 5. November 2013

Am Handelsgericht Wien ging am 5. November die Beweisaufnahme im zivilgerichtlichen Verfahren weiter. Die Landeshautpstadt St. Pölten klagte die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien betreffend eines massiv in Schieflage geratenen Derivativgeschäfts (SWAP). MFG berichtete ausführlich hier.

Geladen waren zwei Verantwortungsträger der Bank. Deren Vorstandsdirektor Erwin Hameseder ließ sich entschuldigen. Seine Einvernahme ist nun für 28. Jänner 2014 geplant und sollte Einblicke geben, welchen Inhalt die mehrfachen Gespräche zwischen ihm (als obersten Entscheidungsträger seitens der Bank) und Bürgermeister Matthias Stadler hatten. In der mehrstündigen Einvernahme des zweiten Zeugen, des heutigen Chefs des Kommerzkundenbereichs der RLB, Reinhard KARL, wurde intensiv der Frage nachgegangen, ob Vergleichsverhandlungen seitens der Bank in Aussicht gestellt wurden.

Springender Punkt beim Rechtsstreit ist, ob eine Rückabwicklung des Geschäftes überhaupt noch möglich ist, oder ob derartige Ansprüche des Kunden (also der Stadt) bereits verjährt sind. Stadt und Bank haben bis dato in den Aussagen ihrer Vertreter völlig konträre Wahrnehmungen dazu widergegeben. Ungeachtet von der rein juristischen Frage, ob zivilrechtlich eine Anfechtung des Geschäftes gelingen wird, gibt die Beweisaufnahme jedenfalls beachtliche Einblicke in die Welt der Gemeindefinanzierung.

So führte Karl heute aus, dass die Gemeinderatswahl 2011 der Grund gewesen sei, weshalb man in St. Pölten nicht wollte, dass die Stadt eine Klage gegen die Raiffeisen Landesbank einbringt. Der Bürgermeister hätte sich im Wahlkampf unangenehme Fragen gefallen lassen müssen, weshalb eines der von ihm geschlossenen Geschäfte derart negativ performt und derart hohe Zahlungen nach sich zieht. Wobei auch für die Zinszahlungen eine Lösung gefunden wurde, so sei einerseits die RLB unter gewissen Voraussetzungen bereit gewesen, diese Zahlungen zinsfrei bis nach der Wahl zu stunden. Andererseits wurde der RLB zugetragen, dass die Stadt ihrerseits bereits bei der BAWAG eine “Absicherung” eingerichtet habe, so dass in den Budgets 2010 und 2011 das heute klagsanhängige Geschäft nicht transparent geworden wäre. Auch wenn die RLB heute wieder betonte, dass sie keinen Grund hatte einem “Verjährungsverzicht” zuzustimmen, so wurde dieser dann doch dem St. Pöltner Bürgermeister eingeräumt. Aber eben nicht, weil die eigene Rechtsposition plötzlich weniger überzeugend beurteilt worden wäre, sondern weil man selber nicht “Gegenstand des Gemeinderats-Wahlkampfes” sein wollte, wie Karl heute vor Gericht ausführte.

Auch wenn dies mit gutem Grund Martin Ogris, den zuständigen Richter am Handelsgericht, wenig bewegt, so gibt diese “Selbstverständlichkeit” der Politik und der “liefernden” Banken schon beachtliche Einblicke in die Gewohnheiten der kommunalen Finanzierung.

Zur Erinnerung: Das eingeklagte SWAP-Geschäft wurde abgeschlossen um Verluste aus älteren, schlecht laufenden Geschäften, abzusichern. Man hat also die Löcher alter, schlecht laufender Geschäfte gestopft, in dem man neue Geschäfte abgeschlossen hat. Mittels “Upfront-Zahlungen” erhielt die Gemeinde 1,5 Millionen Euro Cash. Der Preis dafür war ein Geschäft, das anhand einer Formel die Höhe des von der Stadt quartalsweise zu zahlenden Betrages ermittelt. Ausschlaggebend in dieser Formel ist der Kurs zwischen Euro und Schweizer-Franken.

Sollte die Klage als zulässig erachtet werden, in den Klagspunkten also keine Verjährung vorliegen, so wird sich die Bewertung des Geschäftes durch Gutachter wohl auf die Fragen reduzieren, wie das “schlechte” Geschäft konzipiert wurde, ob die Bank den Kunden umfassend über die Charakteristika des Geschäfts aufgeklärt hatte (bzw. musste). Doch bis dahin werden wohl noch einige Monate ins Land ziehen, mit einem raschen Teil-Urteil ist vorerst noch nicht zu rechnen.

Doch es bleiben auch andere Fragen offen. Wie hält es die Stadt mit der politischen Verantwortung? Holt man zu einem Befreiungsschlag aus und stimmt man der oppositionellen Forderung nach einem eigenen Ausschuss zu? Oder sitzt man das zivilrechtliche Verfahren aus und sieht erst dann weiter? Wie lange wird die St. Pöltner Causa noch von den prominenteren und teureren Causen Linz/BAWAG oder Salzburg überlagert? Raffen sich Stadt und Bank doch noch auf und versuchen einen Vergleich?

Die RLB brachte heute zum Ausdruck, dass sie keinesfalls einen Schritt auf die Stadt zu machen wird. Die Banker sind sich ihrer Sache sehr sicher. Bei der Befragung des Zeugen reitet der Anwalt der Stadt Lukas Aigner auf Details herum, spinnt hypothetische Fragen und bringt damit den Richter auf die Palme. Wobei auch hierin mehr Strategie stecken dürfte, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Schielt doch der Anwalt angeblich schon auf die nächste Instanz, und dort gäbe es dann kein neues Beweisverfahren. Das heißt jetzt muss alles protokolliert werden, was vielleicht später als Argument dienen könnte. Und wenn man oft genug fragt, dann kommt vielleicht noch eine Antwort raus, die passend scheint?

“Herr Anwalt, das haben jetzt sogar die Leute da ganz hinten in der letzten Reihe verstanden, worauf Sie hinaus wollen. Der Zeuge sagt, er weiß es nicht. Nehmen Sie das zur Kenntnis und hören Sie endlich auf so lange zu fragen, bis Sie eine Antwort bekommen, die Ihnen zu dem Erkenntnis des OGH passt, auf das sie abzielen.”

Richter Martin Ogris in Richtung Lukas Aigner (Anwalt der Stadt St. Pölten), während dieser Reinhard KARL (Vorstand RLB) befragt.

Am 28. Jänner 2014 sollen nun zwei Zeugen der klagenden Partei gehört werden. Ein Berater und ein ehemaliger Rechtsanwalt. Auch hier wird es vorrangig um die Frage gehen, ob von einer Verjährung auszugehen ist. Mit einem raschen Ende des Rechtsstreits ist vorerst nicht zu rechnen. Solange wird auch die politische “Paralyse” in St. Pölten anhalten. Während die Opposition zwar ob der Geschäfte schäumt und bis heute keine Transparenz der Verantwortlichen sieht, will sich zugleich niemand mit Rufen nach Verantwortung aus dem Fenster lehnen. Keiner will als “Nestbeschmutzer” identifiziert werden. Noch sitzt der Feind — offiziell — in der bösen Bankzentrale, die ein böses Geschäft gezimmert und mit fetter Marge an die unwissende Stadt verkauft hat. Es bleibt spannend.